Was versteht man unter „Lean Startup“?
In den letzten Jahren fiel immer öfter das englische Schlagwort „Lean Startup“ (dt. „schlankes Gründen“). Dabei haben sich im Vergleich nur wenige Unternehmen ausführlich über das dahinter stehende Konzept informiert, sodass oftmals Irrtümer entstehen.
Denn das Lean Startup ist nicht gleichzusetzen mit einer Selbstfinanzierung oder einem Minimalbudget. Darüber hinaus eignet sich die Methode nicht nur für junge und/oder kleine Unternehmen.
Auch ist die Annahme die Lean Startup Methode lehne sich an die Software-Entwicklung an und sei infolgedessen nur etwas für Digitalunternehmen falsch. Doch was steckt nun hinter der Lean Startup Methode?
Die Lean Startup Methode ist im Grunde eine Zusammenfassung mehrerer Prozesse, die sich mit der Gründung des Unternehmens sowie mit der Realisierung der Geschäftsideen befasst. Hauptaugenmerk liegt dabei auf einem Prototyp, welcher einen schnellen Markteinstieg durchläuft.

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Der Prototyp umfasst dabei nur grundlegende Merkmale als auch Funktionen der Geschäftsidee, sodass man von einem minimal funktionsfähigen Produkt bzw. von einem Minimum Viable Product (MVP) sprechen kann.
Anschließend kann mithilfe des eintreffenden Kundenfeedbacks das Produkt kontinuierlich verbessert werden, sodass es sich Schritt für Schritt an die Bedürfnisse des Nutzers anpasst. Letzten Endes erhält man mit jeder neueren Variante des Produktes eine marktfähigere Version. Demzufolge kann man von einer sogenannten Verbesserungsschleife (engl. „Build – Measure – Learn“ bzw. dt. „Bauen – Messen – Lernen“) sprechen, die mehr als einmal durchlaufen wird.
5 Prinzipien der Lean Startup Methode
In seinem Buch hat, der Erfinder der Lean Startup Methode, Eric Ries sowohl die Grundgedanken als auch die Methoden und Merkmale seiner Vorgehensweise mithilfe von fünf unterschiedlichen Prinzipien untergliedert.
1) Überall gibt es Unternehmer
Startups sind zum einen unabhängig gegenüber einem bestimmten Zeitraum und zum anderen gegenüber einem bestimmten Ort. Dementsprechend lässt sich ein Startup, ob nun in der eigenen Garage oder in einem gigantischen Konzern überall gründen.
2) Unternehmertum = Management
Ein Gründer sollte stets im Auge behalten, dass das Unternehmen verantwortungsvoll gehandhabt werden muss und dass demzufolge auch strategische Entscheidungen eine wichtige Rolle spielen.
3) Tragfähige Geschäftsidee
Nicht die Entwicklung eines Produktes oder die Erwirtschaftung von Gewinn sind bei Startups wichtig. Vielmehr ist das Finden einer tragfähigen Geschäftsidee von größter Bedeutung, sodass Daten ausgewertet und auch umfassende Tests durchgeführt werden müssen.
4) Innovation
Fortschritte müssen zu jederzeit messbar sein, sodass festgelegte Etappenziele im Auge behalten werden können und Erfolge sichtbar bleiben.
5) Build – Measure – Learn
Diese drei Schritte verbessern zum einen die Produktentwicklung und zum anderen tragen sie zur Optimierung des Geschäftsmodells bei.
Welche Vorteile bietet die Lean Startup Methode?
Der Gedanke der Lean Startup Methode bietet mehrere Vorteile. Der wohl wichtigste Aspekt zeigt sich in der Datenauswertung und -sammlung, der zur Verringerung der Unsicherheit beiträgt.
Weitere Vorteile:
- Die Entwicklung des Produktes basiert nicht auf Vermutungen, sondern vielmehr auf Datenanalysen.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass das Produkt Kundenbedürfnissen nachkommt, ist um einiges höher.
- Nicht verwertbare Ideen kommen bereits in der frühen Entwicklungsphase zum Vorschein.
- Das Scheitern eines Produktes ist viel unwahrscheinlicher.
- Eventuelle Marktlücken können mithilfe mehrfacher Produktveränderungen zutage befördert werden.
- Der Nutzer kann durch sein Feedback unmittelbar in die Entwicklung des Produktes miteinbezogen werden, sodass sich die Bindung zum Kunden erhöht.
- Ressourcen werden bei der Weiterentwicklung nicht für unnötige Funktionen verschwendet.
Wie startet man mit der Methode? Und welche Voraussetzungen sind notwendig?
Mit dem Produktentwicklungszyklus ist oftmals eine überaus lange Planungsphase verbunden, die dann mit der Markteinführung des Produktes oder der Dienstleistung endet. Diese Startup Methode allerdings scheitert in den meisten Fällen, denn der sogenannte Product-Market-Fit ist hierbei oftmals nicht gegeben.
Wohingegen die Lean Startup Methode mit dem schlanken (engl. „lean“) Prototyp einen schnellen Markteintritt ermöglicht. Mithilfe des Kundenfeedbacks lässt sich das Produkt anschließend in einigen Entwicklungszyklen optimal verbessern, sodass das Produkt im wahrsten Sinne des Wortes heranreifen kann und seitens des Marktes akzeptiert wird.
Die Lean Startup Methode wird in genau drei Schritten begonnen:
1. Schritt: Die Produktentwicklung des Prototyps
Im Vordergrund steht, sowohl bei Lean Startups als auch bei anderen Existenzgründungen, das Lösen eines Problems. Dementsprechend sollte sich der Startup Gründer Gedanken darüber machen, welche Dienstleistung oder welches Produkt zur Lösung des Problems führen kann.
Am Anfang geht es daher in der Produktentwicklung ausschließlich um unterschiedliche Annahmen, die sich letzten Endes auf dem Markt bestätigen oder nicht. Die Produktentwicklung sollte stets „lean“ bzw. schlank gehalten werden, sodass man häufig statt eines aufwendigen Businessplanes einen einfachen Business Model Canvas erstellt.
Ist die Erstellung des Konzepts erledigt, kann man sich der Erstellung des Prototyps bzw. des Produktes widmen. Das Produkt bzw. der Prototyp sollte dann einen Mehrwert bieten können, wobei man sich ausschließlich auf die wichtigsten Eigenschaften und Funktionen beschränkt.
Demzufolge spielen das Aussehen oder unnötige Zusatzfunktionen bei einem Produkt eine eher untergeordnete Rolle. Bezüglich der Dienstleistungen versucht man die jeweiligen Prozessschritte so gut wie möglich zu vereinfachen. Dieser Prototyp bzw. dieses Produkt wird demzufolge auch Minimum Viable Product (MVP) genannt.
2. Schritt: Kundenfeedback während des frühen Markteintrittes
Nach der Umsetzung des auf Ausgangshypothesen basierende MVP erfolgt im zweiten Schritt die Vorstellung des Prototyps gegenüber potenziellen Zielgruppen.
Es werden Kundenmeinungen gesammelt, wobei man positives Feedback nicht allzu hoch gewichten sollte, denn letzten Endes ist das tatsächliche Kaufverhalten ausschlaggebend. Und genau dieses kann sich in den meisten Fällen sehr stark von den Umfragen unterscheiden.
Auch im Verkaufsprozess sollte möglichst schlank bzw. „lean“ gearbeitet werden. Auf keinen Fall einen komplizierten Onlineshop eröffnen, vielmehr bieten sich Homepage-Baukasten oder auch der eBay Shop für den Anfang ideal an.
3. Schritt: Feedbackauswertung und -analyse sowie Verbesserung des Produktes
Nach der Durchführung des ersten Markttests, ist es wichtig das nun gesammelte Feedback des Kunden bis ins kleinste Detail auszuwerten. Die Analyse hilft dabei entweder, die am Anfang aufstellten Hypothesen zu entkräften oder aber zu bestätigen. Folgende Fragen sollten sich mit dem ersten durchgeführten Test beantworten lassen:
- Ist das zu Beginn definierte Problem vorhanden?
- Ist das Problem ausreichend groß, sodass Menschen handeln und auch Geld zur Lösung des Problems ausgeben?
- Konnte die richtige Zielgruppe erreicht werden?
- Wurde der korrekte Vertriebsweg vorgenommen?
- Gilt es den Verkaufspreis anzupassen?
Einige zu Beginn angenommenen Hypothesen werden sich womöglich tatsächlich als falsch erweisen, was als Erfolg verbucht werden kann, denn die neu gewonnen Erkenntnisse verhelfen zu verbesserten als auch neuen Hypothesen. Beim dritten Schritt sollte des Weiteren darauf geachtet werden keine Entscheidungen auf invaliden bzw. unzureichenden Datenmengen zu treffen.
Wie geht es nach dem dritten Schritt weiter?
Mithilfe der Auswertung des Kundenfeedbacks lassen sich die vorherigen Hypothesen entweder verwerfen, bestätigen oder auch zu neuen Annahmen nutzen. Die neu gewonnen Hypothesen können dann erneut mithilfe eines Prototyps am Markt getestet werden, sodass erneut Kundenfeedback gewonnen werden kann. Dieser Zyklus wiederholt sich solange, bis das optimale Produkt geschaffen wurde und auch am Markt selbst den besten Absatz findet.
Die Lean Startup Methode verdeutlicht mit einem Beispiel
Um die Lean Startup Methode zu veranschaulichen, erfolgt nun ein kleines praxisbezogenes Beispiel, sodass auch die Vorgehensweise besser verfolgt werden kann.
Die Idee
Informatikerin Luisa hat die Idee zu einer mobilen App, sodass auf der Baustelle arbeitende Handwerker ohne viel Aufhebens ihre Arbeitsstunden und das von ihnen verwendete Material mithilfe des Smartphones dokumentieren können. Das Ziel ist eine App die automatisch mithilfe der eingegebenen Daten eine Rechnung erstellt.
Luisa ist sich allerdings unsicher, ob Handwerker tatsächlich auf eine solche App zurückgreifen würden, weshalb sie sich für das Lean Startup entscheidet.
1. Schritt: Der Prototyp wird entwickelt
Luisa vermutet, dass Handwerker oftmals in schriftlicher Form ihr Projektmanagement durchführen. Was sie mehr als ineffizient ansieht, weshalb sie die Lösung in ihrer App sieht. Mit der Entwicklung eines einfachen Prototyps auf Basis des Android-Systems stellt Luisa die App kostenfrei im App-Store zum Download frei.
Die App-Funktionen sind dabei auf ein Minimum reduziert. Auch das Design der App ist eher schlicht, wobei die App dennoch einen bestimmten Mehrwert für den Nutzer bietet.
2. Schritt: Das Erzielen erster Downloads
Luisa versucht herauszufinden, ob ihre Zielgruppe tatsächlich die App herunterlädt. Aus diesem Grund investiert sie wenige hundert Euro für FacebookAds sowie Google AdWords. Darüber hinaus benachrichtigt sie ein paar Handwerksfirmen und stellt dort ihre kostenfreie App vor um Feedback zu sammeln.
Die Zahl der Downloads fällt relativ hoch aus, wohingegen das von den Handwerksfirmen abgegebene Feedback eher ernüchternd ausfällt. Grund für das schlechte Feedback ist der geringe Funktionsumfang.
Dasselbe gilt für das Nutzerverhalten bezüglich der heruntergeladenen App, denn ungefähr 85 Prozent der Nutzer deinstallierten innerhalb von sieben Tagen die App wieder. Luisa versucht infolgedessen mit dem aufgenommenen Feedback die App-Funktionen den Bedürfnissen der Handwerker anzupassen.
3. Schritt: Analyse des Feedbacks sowie Verbesserung der App
Die Anwendung der Lean Startup Methode hat sich für Luisa definitiv gelohnt, denn sie hat mithilfe der Downloadzahl erkennen können, dass viele Handwerker Interesse an einer solchen App zeigen.
Das gewonnene Kundenfeedback der Handwerksfirma konnte ebenfalls genutzt werden um herauszufinden, welche App-Funktionen von Handwerkern überwiegend benötigt werden.
Dementsprechend nimmt Luisa eine Erweiterung der App vor und stellt sie erneut in den App-Store. Zusätzlich legt sie diesmal auch mehr Wert auf Online-Marketing. Mit dem zweiten Prototyp reduziert sich die Deinstallations-Rate auf gerade einmal 25 Prozent.
Luisa entwickelt die App weiter und testet zusätzlich verschiedene Preismodelle mithilfe kostenpflichtiger Premium-Funktionen. Das Ergebnis am Ende gibt ihr recht, denn ungefähr 30 Prozent aller aktiven Nutzer nahmen ein 12-monatiges Abonnement in Anspruch, sodass Luisa in ihrer Hypothese bestätigt wurde.